„Hast du Hunger?“
„Nee… aber Durst!“
Solche Gesprächsfetzen kann man hier im Duisburger Stadtteil Neumühl gerade überall aufschnappen. In der Bahn, auf der Straße oder eben am Container von Kitchen on the Run. Seit vier Tagen hat auch für uns hier eine besondere Zeit begonnen: der Ramadan. Wie ist das Kochen im Fastenmonat?
Wer gemeinsam mit Geflüchteten kochen will, wie wir es seit fast drei Monaten in ganz Europa tun, der muss sich immer neu auf die Köche und Gastgeber des Abends einlassen. Manchmal ist es eine spezielle Würzpaste, die es nur in einem bestimmten afrikanischen Spezialitätenladen in Marseille gibt, die besorgt werden soll. Einmal stand ein halbes Schaf auf dem Einkaufszettel. Und manchmal, so wie in diesen Tagen, richtet sich eben alles nach dem Sonnenuntergang.
Iftar heißt das abendliche Fastenbrechen und nun feiern wir es gemeinsam mit unseren muslimischen Tischgästen und Gastgebern in Neumühl. Heute, am 10.06.16 fasten die Gläubigen in Duisburg bis 21.52 Uhr. Jeden Abend bis Ende Juni ist Iftar, das sich nach dem Sonnenuntergang richtet, ein bisschen später, und je nach Gemeinde gibt es Unterschiede, wie hier in diesem Kalender zu sehen ist, den uns ein Containergast zeigte. Für Harde und Nasam, die vor vier Monaten aus dem Irak nach Deutschland gekommen sind, ist das Fasten eine Selbstverständlichkeit. Seit ihrem 12. Lebensjahr verzichten sie einen Monat lang im Sommer: Von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang keine Getränke und keine Nahrungsmittel. Nicht mal Wasser. “Wir fasten nicht für uns. Wir fasten für Gott”, sagt Nasam. Hier in Deutschland zu fasten sei einfach, hier sei es längst nicht so heiß wie im Irak.
Wenn die Sonne untergeht, landet nun als erstes eine Dattel in den Mündern. Einige trinken traditionell dann einen Schluck Milch und beten danach. Andere gehen nahtlos zum großzügigen Ausgleich der Unterzuckerung über. Ganz ähnlich wie beim christlichen Weihnachtsfest gibt es manche, die ein Festmahl kochen und aufs Christkind warten – und andere, die schon um 16 Uhr die Geschenke aufreißen und sich mit Kartoffelsalat und Würstchen begnügen. Jeder wie er mag.
Spannend ist jedenfalls zu beobachten, wie das praktisch geht: Kochen ohne Kosten. Vor ein paar Tagen haben eine syrische und eine irakische Familie im Container gekocht. Geduldig haben sie Linsensuppe, Gurkensalate, Lamm- und Rindfleisch mit Reis zubereitet – und konnten es doch nicht abschmecken. Gekocht wurde geschmacksblind, aber trotzdem geschmackssicher köstlich.
Der Ramadan geht noch bis zum 4. Juli. Da sind wir dann schon in Deventer, in den Niederlanden. Bis dahin genießen wir die langen Nächte. Wie man übrigens auch in diesem Fernsehbeitrag sehen kann. Und falls jemand spezielle Rezepte zum Ramadan sucht, gibt hier ein türkischer Blogger Tipps.